Als ein neuer Kunde ihn bat, 20 Zielbranchen zu analysieren und systematisch zu organisieren, entwickelte Unternehmensberater Holger Eisenmann das Big-Data-Software-Analysetool data-aided – und gründete das gleichnamige Unternehmen. Seit einem Jahr ist er nun Mitglied im Marketing Club Köln-Bonn.
DIE WIRTSCHAFT sprach mit ihm über Marktanalysen, Bedürfnisse im Mittelstand und die Herausforderungen an die Marketeers von morgen.
WIRTSCHAFT: Herr Eisenmann, erzählen Sie uns, was data-aided eigentlich ist.
Holger Eisenmann: Hier muss ich etwas weiter ausholen. Insbesondere mittelständische Unternehmen im B2B-Bereich wissen aus ihrem Customer-Relationship-Management, wie viele Kunden sie haben und mit wie vielen Kunden sie im Verkaufsgespräch sind. Wenn wir aber fragen, für wie viele Kunden ihre Produkte potenziell attraktiv wären, und zwar nicht nur heute, sondern auch in einem Jahr oder zu einem beliebigen Zeitpunkt, dann sagen viele: „Wenn wir das wüssten, wären wir einen großen Schritt weiter“ – das ist die Marktlücke, die wir mit unserem Tool füllen können.
WIRTSCHAFT: Was bedeutet das konkret?
Holger Eisenmann: Machen wir das mal beispielhaft: Ein Hersteller von Geräten oder Maschinen für den Großküchenbereich kommt auf uns zu und möchte wissen, wie es um Marktvolumina, -potenziale und seine -anteile steht. Zunächst analysieren wir gemeinsam, für welche Betriebe Großküchengeräte interessant sein können. Da denkt man sofort an Hotels und Restaurants. Tatsächlich ist es aber vielschichtiger! Auch Unimensen, Schlachthöfe, Krankenhäuser und Seniorenheime gehören zu den Abnehmern – da kommen schnell 30 bis 35 unterschiedliche Zielgruppen zusammen, die sich stark unterscheiden. In einem nächsten Schritt kommt data-aided ins Spiel
– ein von uns eigens entwickeltes Informationssystem aus komplexen Algorithmen, das Informationen für alle Branchen liefert. Auf Basis der generierten Daten, Diagramme, Tabellen und Grafiken können wir als Unternehmensberater unseren Kunden ganz genau sagen, wie viele Produkte, Geräte, Maschinen sie in diesem Jahr verkaufen könnten, wie viele im nächsten Jahr, wo die potenziellen Kunden sitzen und wie sich dies in ihren Umsätzen niederschlägt. Und welche unternehmerischen Maßnahmen sie deshalb ergreifen sollten.
WIRTSCHAFT: Welche Maßnahmen haben Sie da im Blick?
Holger Eisenmann: Der Schwerpunkt der Maßnahmen liegt natürlich auf dem Vertrieb. Auf Grundlage unserer Analysen können wir Einschätzungen dazu geben, welche Gebiete in Deutschland und Europa die meisten Potenziale haben. Gerade Unternehmen im B2B-Bereich fehlt es oft an validen Marktinformationen. Mit unserer Hilfe können Unternehmen beispielsweise ihre Vertriebsmitarbeiter gezielter einsetzen, ihre Vertriebsgebiete neu strukturieren und dadurch Ressourcen sparen und schneller zu Vertriebserfolgen kommen.
WIRTSCHAFT: Gibt es etwas, das Sie durch data-aided revolutionieren?
Holger Eisenmann: Revolutionieren ist ein sehr starker Begriff. Wir würden eher sagen, unser Tool liefert eine einzigartige Markttransparenz, die es in dieser Form bisher nicht am Markt gibt. Was bei unseren Kunden sehr gut ankommt, sind unsere Geo-Informationssysteme. Man glaubt es kaum, doch viele mittelständische Unternehmen organisieren ihre Vertriebsgebiete noch heute über eine Excel-Tabelle, nach Postleitzahlen geordnet. Dadurch ist man stark an die Logik der Postleitzahlen gebunden und es gehen einige Informationen verloren. Wüssten Sie zum Beispiel ad hoc, ob das Gebiet mit der Postleitzahl 372 neben dem mit der 999 liegt? Tatsächlich ist es so. Perfekt also, um dort ein und denselben Mitarbeiter einzusetzen. Wenn wir unseren Kunden dies erst mal auf einer Landkarte verdeutlichen, staunen einige nicht schlecht über ihre bisherigen Fehlplanungen. Per Mausklick kriegen sie so wertvolle Informationen: Wo schlummern die größten Potenziale und wie lassen sich vielversprechende Gebiete am besten organisieren?
WIRTSCHAFT: Neben data-aided sind Sie Dozent für Marketing an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg. Wie ist Ihr Eindruck: Was bewegt die Marketeers von morgen?
Holger Eisenmann: Die Marketing-Studierenden sehen sich vor allem mit immer neuen Software-Anwendungen zur Analyse von Zielgruppen und Trends konfrontiert. Die Lehre an der Hochschule reicht hier nicht aus, um das nötige Praxiswissen zu vermitteln. Als Entscheider werden sie mehr und mehr auf intelligente Systeme wie Business Intelligence zurückgreifen. Eines Tages werden diese Systeme basierend auf lernenden Algorithmen ihnen Vorschläge für Entscheidungen machen. In meiner Arbeit versuche ich, sie dafür zu schulen, abzuwägen, welches die richtigen Entscheidungen sind, und diese Systeme sinnvoll einzusetzen. Denn hier schlummert definitiv viel Potenzial.
WIRTSCHAFT: Seit wann sind Sie Mitglied im Marketing Club Köln-Bonn?
Holger Eisenmann: seit 06.2018.
WIRTSCHAFT: Wenn Sie den Club in drei Worten beschreiben müssten …
Holger Eisenmann: Inspiration. Netzwerk. Sympathie.
WIRTSCHAFT: Warum sollte man Mitglied im MCKB werden?
Holger Eisenmann: In den Gesprächen und Vorträgen erhält man vielfältige neue Blickwinkel auf das Marketing. Und ganz nebenbei lernt man viele nette Menschen mit denselben Interessen kennen.
WIRTSCHAFT: Wo hinterlassen Sie Spuren mit Ihrer Arbeit beim MCKB?
Holger Eisenmann: Bisher hinterlasse ich nur wenige Spuren – das möchte ich aber in Zukunft ändern und mich mehr einbringen!
WIRTSCHAFT: Was war der beste Moment, den Sie im MCKB erlebt haben?
Holger Eisenmann: Die freundliche Aufnahme, der Umgang der Mitglieder untereinander und die vielfältigen Veranstaltungen.