Köln, 10.09.2020 – Vor einigen Wochen bat der Marketing Club Köln-Bonn (MCKB) die 13 OB-Kandidat*innen ihre Vorstellung für eine starke Marke Köln zu erläutern. Anhand eines Fragenkatalogs sollten sie ihre politischen Strategien für wesentlichen Themenfeldern – also dem Markennutzen der Stadt – sowie ihre Ansätze für ein erfolgreiches Stadt- und Standortmarketing erläutern. Sechs der 13 Bewerber*innen für das Stadtoberhaupt antworteten.
Zu den Themen Verkehr, Wohnen, Stadtmarketing, Wirtschaft, Digitalisierung, Kultur, Köln als Standort für Frauen und zum Stadtmarketing antworteten die Kandidat*innen in unterschiedlicher Tiefe und Qualität. „Es wurde sehr schnell deutlich, dass in der Regel der Mut zu visionären Ansätzen für unsere Stadt fehlt und die Kenntnisse der Kandat*innen über Standortmarketing meist nicht ausgeprägt sind“, zieht Irene Schönmann, Präsidentin des Clubs, ihr Fazit aus der Befragung. „Die große Herausforderung wird sein, gemeinsam mit der Stadtgesellschaft gegenüber der Politik und der Verwaltung deutlich zu machen, dass unsere Stadt Alleinstellungsmerkmale benötigt. Nur mit einem individuellen, prägnanten und attraktiven Auftritt können wir im Wettbewerb mit anderen Standorten erfolgreich bestehen.“ Hier sieht sich der MCKB gefragt und will nun nach den Kommunalwahlen einen Dialogprozess zur Marke Köln initiieren. „Wir werden uns für unsere Stadt engagieren: Unter Beteiligung der Stadtgesellschaft planen wir, Politik und Verwaltung Anregungen zu geben für neue Wege im Stadt- und Standortmarketing“, verspricht Schönmann. Im November lädt der Club daher zu einem Hackathon in das Design Office im Mediapark ein. Mit dem kollaborativen Veranstaltungsformat will der Club neue Ideen für die Positionierung der Stadt gewinnen. „Natürlich sind auch alle OB-Kandidat*innen dazu eingeladen.“
Die Antworten der OB-Kandidat*innen können Sie einsehen unter www.marketingclub-koelnbonn.de. Nur fünf Kandidat*innen waren mit der Veröffentlichung ihrer Antworten einverstanden.
Kurze Zusammenfassung der Antworten
Die parteilose Amtsinhaberin Henriette Reker plant in Sachen Verkehr ihre Strategie der schrittweisen Verkehrsberuhigung und Stärkung des Fuß- und Radverkehrs fortzusetzen. Mit den angestoßen Großprojekten im Bereich Wohnen sieht sie Politik und Verwaltung auf einem guten Weg, aber fordert von der Bauwirtschaft schneller zu bauen. In Sachen Frauenförderung versteht sie sich als oberste Botschafterin für das Thema und plant paritätische Besetzung der Führungspositionen auch bei städtischen Unternehmen. Zur Förderung der Wirtschaft setzt Reker auf eine aktive Standortpolitik und will Köln als Metropole für Innovationen positionieren. Außerdem soll die Stadt Spitzenreiterin bei der Digitalisierung der Verwaltung werden. Die Gesundheitswirtschaft und Start-Ups sind ihr ein besonderes Anliegen. Bei der Digitalisierung will sie die Stadt bis 2025 mit einem flächendeckenden Gigabitnetz versorgen. In Sachen Kultur sieht sie die Stadt auf einem guten Weg. Köln will sie als moderne Metropole vermarkten.
SPD Kandidat Andreas Kossiski fordert für den Kölner Verkehr ein integriertes Gesamtkonzept, bei dem ÖPNV, Rad- und Fußverkehr 75 Prozent des Verkehrs abdecken können. Er wünscht sich eine Seilbahn und ein Wasserbussystem. Köln soll ein Leuchtturm für zukunftsweisende Mobilität werden. In Sachen Wohnen empfiehlt er das „Münchner Modell“. Das heißt, Grundstücke sollen nach einem Schlüssel zwischen öffentlichen und privatwirtschaftlichen Partnern vergeben werden. Zur Förderung der Frauen setzt er auf kostenlose Kinderbetreuung und die Stadtentwicklung soll sich stärker an den Bedürfnissen von Frauen ausrichten. Für die Kölner Wirtschaft will er mehr Gewerbe- und Industrieflächen zur Verfügung stellen. Außerdem will er als OB der oberste Wirtschaftsförderer sein. In Sachen Digitalisierung verordnet er der Stadt einen Masterplan. Zur Kulturförderung setzt er auf kostenlosen Eintritt in städtische Museen und will Kulturräume in der Stadt festschreiben. Das Stadtmarketing sieht er als Trauerspiel und fordert eine ganzheitliche Strategie.
Christer Cremer von der AfD sieht den Individualverkehr weiterhin als wichtigstes Standbein des Kölner Verkehrs an. Um mehr Wohnraum zu schaffen, will er Planungs- und Genehmigungsprozesse beschleunigen. Eine Quote zur Frauenförderung hält Cremer nicht für notwendig, sondern setzt auf die Kompetenz der Akteure. Zur Förderung der Wirtschaft will er die Gewerbesteuer senken und einen direkten Draht zu den Unternehmen aufbauen. Den Austausch mit Verbandsfunktionären sowie eine aktive Wirtschaftspolitik bewertet er für wenig sinnvoll. Bei dem Thema Digitalisierung fordert er, dass Köln nicht nur zu deutschen Metropolen aufschließt, sondern international Anschluss findet. In Sachen Kulturpolitik ist er der Überzeugung, dass die Kultur ohne öffentliche Förderung funktionieren muss. Zur Vermarktung der Stadt setzt er auf mehr Sauberkeit und sieht Köln, Kölsch und Karneval als Teil der DNA von Köln.
Dagmar Langel von WIR SIND KÖLN fordert kostenlosen ÖPNV, zusätzliche Fahrradwege, aber basierend auf einer gründlichen Gesamtplanung. Außerdem sollen Fußgängerzonen deutlich ausgebaut werden. Um mehr Wohnraum zu schaffen, will sie mehr sozialen Wohnungsbau und Wohnungsgenossenschaften fördern. Außerdem fordert sie, den Leerstand in der Stadt nicht mehr zu dulden. Um Köln noch lebenswerter für Frauen zu machen, sieht sie Architektinnen in einer besonderen Rolle bei der Stadtplanung. Sie sollen die weibliche Perspektive auf die Entwicklung der Stadt einbringen. Zur Förderung der Wirtschaft will sie die Gewerbesteuer senken und fordert einen runden Tisch. Den Prozess der Digitalisierung bewertet sie zum Teil kritisch. Hier sollten nicht neue Abhängigkeiten geschaffen und das Zusammenleben entmenschlicht werden. In Sachen Kultur hat für sie die Förderung von Kleinkünstler*innen und die freie Szene oberste Priorität. Köln will sie als ökologische, innovative Stadt für Fußgänger und Radfahrer vermarkten.
Der Parteilose Robert Nussholz skizziert die Vision eines multimodalen Verkehrskonzepts, das den Stadtverkehr neu erfindet. Um mehr Wohnraum in Köln zu schaffen, setzt er beim Verkauf von Bauland auf einen zwingenden Baubeginn und will größere Bebauungshöhen in der Stadt erlauben. Außerdem sollen die stadteigenen Wohnungsbaugesellschaften mehr Bauland erhalten. Frauenförderung sieht der parteilose Kandidat als Chance für die Vermarktung der Stadt und will in allen Partizipationsprozessen eine hinreichende Frauenbeteiligung sicherstellen. Um die Wirtschaft in der Stadt voranzubringen, will Nussholz regelmäßige Treffen mit der IHK und anderen Interessengruppen der Wirtschaft verbindlich für die Stadtverwaltung festschreiben. Er plant außerdem die Gewerbesteuer zu senken. Bei der Kulturförderung wünscht er sich eine stärkere Förderung kleiner Kulturprojekte und setzt auf einen eigenen Stadtteil für Kunst, Kultur und Unterhaltung. Den Dom bewertet Nussholz weiterhin als wesentliches Element des Stadtmarketings, befürwortet aber auch eine urbane Seilbahn, ein „Kunstveedel“ und einen attraktiven Großmarkt für die Öffentlichkeit mitten in der Stadt.
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